Warum Barhuf?
... oder warum nicht?
Die Hufe des Pferdes sind von Natur aus perfekt an dessen Bedürfnisse angepaßt und erhalten sich unter natürlichen Bedingungen optimal. Die Hufe bieten dem Pferd mechanischen Schutz. Durch Form und Beschaffenheit geben sie optimalen Halt (auch auf rutschigem Boden) und ermöglichen dem Pferd das Ertasten von Untergründen. Der Huf passt sich dabei an den Untergrund an, auf dem er die meiste Zeit verbringt. Auf hartem ausfüllenden Boden wird der Huf praktisch "trainiert" und das Hornwachstum und Qualität verbessert.
Da sich bei jedem Aufsetzen des Hufes derselbe weitet, unterstützten die Hufe die Leistung des Herzens als Blutpumpe. Dies nennt man Hufmechanismus. Außerdem fungieren die Strukturen des Hufes als Stoßdämpfer. All diese Funktionen sind bei permanentem Hufschutz in Form von Hufeisen o.ä. nicht mehr gegeben. Auch (und gerade) bei Krankheiten des Hufes oder des Bewegungsapparates kann man mit einer Umstellung auf B arhuf oder fachgerechter Barhufpflege meist ordentliche Fortschritte erreichen. In manchen Fällen ist übergangs- oder zeitweise das Tragen von Hufschuhen angeraten.
Ein guter Hufzustand und dessen Pflege bzw. Wiederherstellung sind von großer Bedeutung für ein gesundes, leistungsfähiges Pferde, das über jeden Boden gehen kann.
Keep it natural!
...warum keine Eisen?
Nachteile des permanenten Beschlages (das gilt für Kunststoffbeschlag zwar vermindert aber in der Regel ebenso) ergeben sich aus den nicht oder nicht komplett funktionierenden natürlichen Mechanismen des Hufes. Beim natürlich gepflegten Barhuf sind alle Teile des Hufes mehr oder weniger tragend: Sohle, Strahl, Ecksteben und auch der sogenannte "Tragrand". Voraussetzung ist natürlich, dass die Pferde die meiste Zeit nicht auf glattem Boden (Asphalt) sondern auf harten oder weichen, den Huf ausfüllenden Böden leben. Beim permanenten Beschlag trägt ausschließlich die Hufwand (in seltenen Fällen der Strahl). Dies führt dazu, dass die Lamellenschicht (von unten als weiße Linie erkennbar) einer permanenten Belastung ausgesetzt ist, für die sie nicht geschaffen ist. Auch deshalb findet man oft eine gezerrte weiße Linie bei der Abnahme von permanentem Beschlag.
„Der Hufbeschlag ist eigentlich nur das Mittel, den größtmöglichen Nutzen aus den Pferden zu ziehen (…). Ob der Hufbeschlag das Mittel ist, die Hufe gesund zu erhalten, das ist eine Frage, die man füglich verneinen kann; denn die Erfahrung hat gelehrt, daß, je länger das Beschlagen bei einem Pferd angewendet wird, namentlich auch je früher die Thiere beschlagen werden, ein so nachteiligerer Einfluß auf die Hufe ausgeübt wird.“
Der Hufmechanismus wird durch permanenten Hufschutz deutlich eingeschränkt bis blockiert. Dies heißt, dass das untere Pferdebein nur noch sehr schlecht durchblutet wird und das Herzkreislaufsystem zusätzlich belastet wird. Gerade bei Huferkrankungen ist eine funktionierende Durchblutung von allergrößter Bedeutung für die Heilung von Hornschäden.
Durch die eingeschränkte Funktion der Blutpumpe des Hufes haben wir beim permanenten Hufschutz auch eine deutliche Einschränkung der Nervenfunktion, das Pferd kann Untergründe nicht mehr ertasten. Das ist auch der Grund warum beschlagene Pferde trotz schlechtem Hufzustand oft erst einmal relativ schmerzfrei gehen.
Durch die alleinige Belastung der Hufwände erfahren Strahl und Sohle keinerlei Belastung mehr und auch keinen Anreiz sich leistungsfähiger zu bilden, sie degenerieren. Die Strähle sind auch anfälliger für Fäule und Pilz, die Hufe werden oft im Trachtenbereich enger. Dies wird besonders deutlich, wenn man sich die Hufe langjährig beschlagener Pferde ansieht. Manche dieser sind im Trachtenbereich sehr eng (Zwanghufe) und weisen kleine, nichttragende empfindliche Strähle auf.
Für ein gesundes Laufen auf allen Böden sind dicke Sohlen und tragfähige Strähle mit starken Strahlkissen von großer Bedeutung
Zudem schränkt mindere Durchblutung auch das Hornwachstum ein.
Ein großer Nachteil des permanenten Beschlages ist, die drastisch verringerte Stoßdämpfung. Dies gilt auch für den Beschlag mit Kunststoff. Allein schon die Weitung der Hornkapsel beim Auffußen, ist ein Teil der Stoßdämpfung des Pferdes. Das Pferd fußt, soweit es korrekt geht, mit dem hinteren Teil des Hufes zuerst auf. Der gesunde Strahl beim Barhufpferd erfüllt seine Funktion: Er ist ein Stoßdämpfer. Weitere stoßdämpfende Eigenschaften erhält der Huf durch sein Material. Schlechter Stoßdämpfung kann zu Fehlbelastungen bis hin zu Arthrosen führen.
Weiter Nachteile von permanentem Beschlag sind: mangelnder Griffigkeit des Hufes, Schädigung der Hufwand durchs Nageln, Zusätzliches Gewicht am Bein (Fliegkräfte), einleitung von Schwingungen in den Huf, hohe Verletzungsgefahr für Artgenossen und Menschen und so weiter und so weiter....
Gerade Pferde mit gesundheitlichen Problemen der Hufe (Zwanghufe, Hufrehe, Fehlstellungen, Hufrollensymptomatik,…) oder des Bewegungsapparates (Arthrose, Sehen und Bänderschäden, Durchtrittigkeit,…) profitieren vom Barhufgehen (ev. mit Hufschuhen) unheimlich.
… also gar kein Hufschutz?
Nein, zumindest ist das nicht immer möglich.
"Die Notwendigkeit für Hufschutz wird solange bestehen bleiben wie das Pferd domestiziert wird, aber das Hufeisen des 21. Jahrhundert wird ein Hufschuh sein."
Ein hufgesundes Pferd unter geeigneten Haltungsbedingungen und Training kann oftmals komplett barhuf geritten werden, auch über Schotter galoppieren ohne fühlig zu gehen. In anderen Fällen empfiehlt sich die zeitweise oder übergangsweise Nutzung von Hufschuhen, in schlimmen Krankheitssituationen (akute Hufrehe) auch 24/7. Pferde sind Lauftiere und es ist für Körper und Psyche von größter Bedeutung, dass sie schmerzfrei laufen können. Gerade in der Umstellungsphase von Eisen auf Barhuf sind Hufschuhe ein geeignetes Mittel, so schonend wie möglich und möglichst ohne große Einschränkungen für das Pferd eine schnelle Regeneration des Hufes zu erreichen.
(Hufschuhe sind im Übrigen nicht teurer als alle 6 Wochen den Beschlag zu erneuern… Im Gegenteil...)
Die Hufschuhentwicklung ist in den letzten Jahren nur so davongalloppiert. Es gibt kaum einen Fall in dem nicht für Hufform und Nutzung des Pferdes angemessene Schuhe gefunden werden können. Krankenschuhe, Schuhe die speziell für Distanzen entwickelt wurden, Schuhe aus anpassbarem Thermoplastik, Maßanfertigungen, Stollen zum Einschrauben, unterschiedliche Formen von weicheren oder härtere Einlagen usw. Die Geschichten von ständig weg fliegenden und unpraktisch abziehbaren Hufschuhen sind also Vergangenheit.
Bei der Auswahl und Anpassung von Hufschuhe sollten Sie sich aber vom Fachmann/-frau beraten lassen, nicht jeder Schuh eignet sich für die Hufform und Nutzung Ihres Pferdes.
Fohlen und Jungpferde
Einige Worte zu Jungpferden: Die Knochenentwicklung des Pferdes ist frühestens mit 5 Jahren abgeschlossen. Auch die des Hufbeines samt Hufbeinästen. Früher Beschlag führt zu stärkeren Schäden am Huf und seinen Strukturen. Die Entwicklung des über dem Strahl liegenden Strahlkissens vom Fettgewebe zum belastbaren Knorpelgewebe vollzieht sich durch Anreize über Bewegung auch im Laufe des Wachstums. Junge Fohlen, die sich permanent bewegen können und deren Strähle nicht stark zurückgeschnitten werden können im Laufe der Zeit starke, belastbare, breite Strähle entwickeln und Hufe, die größtes Potenzial zum „Schotterbrechen“ haben. Auch Fehlstellungen nach der Geburt können über viel Bewegung auf härteren Böden verbessert werden.